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JoE
13.10.2008, 13:36
... Marcel Reich-Ranicki und Elke Heydenreich! Endlich wurden einmal in angemessenem Rahmen wahre Worte über die Qualität unseres Fernsehens gesagt. Wenn DSDS die beste Unterhaltungssendung ist, dann Gnade....

Travis
13.10.2008, 14:06
@Joe,

ich sehe das ein wenig anders. Du schreibst selber von Unterhaltung und ich denke jeder kann auch für sich selbst definieren, wie er sich gut unterhalten fühlt, oder? Marcel Reich-Ranicki (MRR) lobte in seiner "Rede" das Programm von Arte. Ich weiss nicht, aber ich persönlich fühle mich bei einer schwarz-weiss Reportage über Stammes-Riten im Lampukistan (Original mit Untertiteln) nicht zwangsläufig blendend unterhalten. Und das Fernsehen macht ja auch seine Vielfalt aus, der eine mag halt dieses, der andere was anderes. Habe im Netz einen netten Kommentar zu MRR gefunden:

"Ach, MRR ist mit Bohlen nicht vergleichbar? Ganz anderes Niveau? - Das mag schon stimmen. Bohlen sagt öfters "scheiße" und "geil", MRR hält sich damit eher zurück. Das Programmformat aber ist im Kern dasselbe: Hüben werden Amateursänger fertiggemacht, drüben Bücher zerrissen, beides jeweils zur Belustigung des Publikums. Und das Publikum schaut nicht zu, um sich weiterzubilden, sondern wartet darauf, dass MRR sein Messer rausholt und ein "schlechtes" Buch genüsslich zerfleddert. Das ist "Literatur-DSDS", nichts weiter."

:eek:

Gruß Travis

wate
13.10.2008, 19:34
Spannendes Thema.

Ich bin ja nun von Natur aus ein eher konservativer Mensch, der, das gebe ich umunwunden zu, nicht imstande ist, die eigenen Ideale 100ig zu leben.

Maßgeblich für dieses konservative Denken ist natürlich die genossene Erziehung, wobei wir jetzt ganz grundsätzlich diskutieren könnten, ob in den 50ern, 60ern und 70ern alles viel schlechter war, als heute. Vielleicht ist heute alles nur anders geworden.

Die Vernichtung unserer Werte hat spätestens mit der Einführung der privaten Fernsehsender begonnen. Aber sofort würde an dieser Stelle nachgefragt werden, was denn Werte seien.

Viele jungen Leute heute wissen nicht mal, ob Konrad Adenauer Mittelstürmer der deutschen Weltmeisterkicker von 1954 oder Bundeskanzler war. Viele kennen nicht mal mehr Willy Brandt, um hier politisch ausgewogen zu bleiben. Und dass laut einer ZDF-Umfrage von letzter Woche 18-jährige nicht mal wissen, wer Honecker und was die DDR war, ist absolut erschreckend.

Muß man das heute wissen? Offensichtlich interessiert viele Leute heute mehr, ob die Gruppe Monrose rote oder weiße Schlüpfer an hat, und viele empfanden es als Tragödie, als Möchtegernsänger Küblböck bei DSDS rausgeflogen ist. Wir dürfen uns nicht wundern, dass die PISA-Studien wenig schmeichelhaft für die deutsche Jugend und das Bildungssystem sind.

Auf der einen Seite sind wir an diesen Entwicklungen selbst schuld. Der elektronische Budenzauber Internet entwickelt sich so rasant, dass die Eltern oft nicht mehr mitkommen und resignierend erkennen müssen, wie ihre Kinder in virtuellen Welten versinken. Der Dummquatsch zur besten Fernsehsendezeit trägt ein Weiteres zur Verblödung unserer Jugend bei. Auf der anderen Seite scheint diese Entwicklung nicht mehr aufzuhalten.

War die Jugend früher gescheiter? Sie hatte mangels Internet weniger Input, mußte sich mehr engagieren, um Prüfungen in der Schule zu bestehen. Sie hatte mehr Respekt Persönlichkeiten und deren Leistungen gegenüber. Vielleicht hatte sie einfach nur das Glück, nicht im heutigen Internetzeitalter groß werden zu dürfen.

Entsprechend gab es früher große Persönlichkeiten aus allen Bereichen des täglichen Lebens. Heute sind große Persönlichkeiten eher Eintagsfliegen. Ein Kommen und Gehen z.B. in der Musikszene - wenig bleibt.

Frage: Muß was bleiben? Wer mit Kultur und Traditionen bricht, lebt auf dünnem Eis.

Hochintelligente Köpfe wie Marcel Reich-Ranicki passen dennoch in solch eine Fernsehpreisverleihung. Dass er sich unter all den Schwachköpfen und Möchtegernkünstlern nicht wohlfühlt, darf einer mit 88 Jahren allerdings sagen. Und ich denke mal, dass diese ehrliche Aussage des Kritiker-Papstes allemal besser ist, als die Fäkalsprache anderer Preisträger.

Und, Travis, einen gravierenden Unterschied zwischen MRR und DB sehe ich abgesehen von der wesentlich höheren Intelligenz des alten Kritikers dann doch noch: DB zieht über untalentierte Jugendliche her, macht sie fertig (pädagogisch sehr wertvoll), während MRR keine Bücher von Schwachmaten kritisiert. Und die Leseratte wird dankbar sein, wenn er in schonungsloser Offenheit erfährt, was er vom Inhalt eines Buches zu halten hat.

JoE
14.10.2008, 07:31
Ich weiß nicht, ob es eine Legende oder ein Zitat ist. Jedenfalls soll MRR mal über die Biographie von DB gesagt haben "Wenn dieses Buch Nr. 1 der Bestsellerliste ist, dann kann es diesem Land noch nicht schlecht genug gehen."

Die vergleiche mit "damals" tun uns alten Knackern gut... ich kann mich an meine Schulzeit erinnern, frühe 70er. Wir waren politisch engagiert, trugen "Willy wählen"-Buttons (ok, einige von uns - Walter, du eher nicht, oder? :D ), führten in Sozialkunde heiße Diskussionen über aktuelle Politik. Den damalgien Lehrer schätze ich jetzt noch sehr. Und heute? Ich habe z.Zt. Kinder in den Klassen 6, 10 und 11. In 10 und 11 ist ein Grundsatz "Sozi(alkunde) ist Sch..., stinklangweilig". Und diskutiert wird in erster Linie darüber, was am Abend / Wochenende abgeht.

Grundsätzlich habe ich nichts gegen DSDS, Mittagstalkshows u.ä., da mich niemand zwingt, es anzusehen. Aber ich habe etwas dagegen, wenn sich die Fernsehanstalten, die den Kram senden, dafür auch noch selbst Preise verleihen, das ganze in eine wirklich (Zitat EH) "grottendumme" Veranstaltung gepackt. Und MRR hat ja auch nur festgestellt, dass er dort nicht hingehört. Den Preis nicht anzunehmen war also absolut konsequent und nachvollziehbar.

Was sicher zu MRRs Entscheidung beigetragen hat, war, dass man ihn als 88jährigen stundenlang auf - so die Meldungen - nicht besonders bequemem Mobiliar hat sitzen lassen. Das zeigt, wie wenig Fingerspitzengefühl solche "Event-Regisseure" haben. Es muss bunt, schrill, modern sein - dass man dabei auch einen Menschen verplant, der nicht schrill und modern ist, wurde schlicht vergessen...

wate
14.10.2008, 10:29
Die Verherrlichung und Verniedlichung von Gewaltspielen bringt aber auch nicht weiter. Die 68er haben Blumen geworfen, heute wird Counterstrike gespielt. Recht hast Du, wenn Du auf Versäumnisse im Elternhaus hinweist. Vater muss arbeiten, Mutter muss arbeiten - dafür kriegt Sohnemann einen eigenen PC, auf dem er sich in die virtuelle Welt hineinflüchten kann, weil er ansonsten mit sich und der Welt nichts anzufangen weiß. Gilt nicht für alle, aber für viele. Die Medien haben dieses Problem schnell erkannt und übergießen die Kids zusätzlich noch mit Fäkalmüll zur besten Nachmittagszeit. Ob dieser Input nicht vielleicht doch für instabile Menschen zum Amoklauf führen kann?

Mich stimmt bedenklich, wenn ein Mario Barth z.B. 60000 Menschen ins Olympiastadion locken kann. Oder wenn DSDS 4 Mio Menschen vor die Glotze lockt.

Ich freue mich auf die ZDF-Sendung am Freitag (22:30 Uhr), wenn Marcel Reich-Ranicki dieses Problem mit Gottschalk bespricht.

scoutmaster
23.10.2008, 15:58
Mal ehrlich zugegeben, MRR hat doch recht! Sicher ist es etwas überzogen einzig ARTE als "kulturell" hochwertigen Sender anzusehen (in anderen Programm läuft auch Gutes), aber solange es DSDS ,Kochsendungen in der 30ten Variante und die XXXXXXXXXXXXXXL Auswanderer Show gibt wird sich nichts ändern. Schaut euch doch die Gestalten an, dann liegt doch alles auf der hand. Das Alles erinnert mich irgendwie an den Slogan "Brot und Spiele"...oder besser gesagt TV für das Präkariat!

Michelino
26.10.2008, 18:05
Spannendes Thema.

War die Jugend früher gescheiter? Sie hatte mangels Internet weniger Input, mußte sich mehr engagieren, um Prüfungen in der Schule zu bestehen. Sie hatte mehr Respekt Persönlichkeiten und deren Leistungen gegenüber. Vielleicht hatte sie einfach nur das Glück, nicht im heutigen Internetzeitalter groß werden zu dürfen.

Entsprechend gab es früher große Persönlichkeiten aus allen Bereichen des täglichen Lebens. Heute sind große Persönlichkeiten eher Eintagsfliegen. Ein Kommen und Gehen z.B. in der Musikszene - wenig bleibt.


Na, na, na...
Respekt vor Persönlichkeiten? Du hättest dabei sein sollen, wie wir damals 18-Jährigen im Jahre des Herrn 1972 bei einem Wahlkampfauftritt den Franz-Josef Strauß einen Gauner und Gangster beschimpft haben - oder den Kiesinger, der den Brandt schlechtreden wollte.
Unsere Lehrer waren arme Menschen, anstatt uns Schwachköpfen Andreas Gryphius und andere jahrhundertealte Literaten ästhetisch näherbringen zu dürfen, bestanden wir auf eine Diskussion auf ihre gesellschaftliche Relevanz hin.
Gleichzeitig wurden wir von Fernsehschwachsinn heimgesucht, der dem heutigen absolut gleichkommt, Kinderverdummungen wie Lassy, Fury, Flipper oder von irgend einem australischen Bumerang, der Gut und Böse unterscheiden kann, die ganzganz saudumme ZDF-Hitparade mit ihrem manipulierten Ergebnis.
Nein, die Mehrheit der heutigen Jugend kann mit den elektronischen Medien bestens und verantwortungsvoll umgehen - selbst dann, wenn ihnen in stumpfsinnig sprachlosen Familien oft genug etwas anderes vorgelebt wird. Es wird genau so genutzt, um Informationen zu erhalten als auch um Unterhaltung und Kommunikation zu erleben.
Für Politik interessieren sich tiefgründig nur wenige junge Menschen, das ist wohl wahr. Aber die meisten sind durchaus fähig und willens, sich in bürgerschaftlichem Engagement um Gotteslohn zu engagieren, wenn sie einen unmittelbaren Sinn und Effekt darin sehen.
Ich spreche dem MRR (bei allem Respekt vor seinem Fachwissen und seinen rhetorischen Fähigkeiten) einfach ab, heutiges Fernsehen und seine (oft genug auch Ventil-)Funktion beurteilen zu können.

wate
27.10.2008, 22:48
Du sprichst ein wichtiges Thema an. Ende der 60er gingen die Studenten Europas auf die Straßen, um gegen das Establisment aufzubegehren. Dieses wichtige Engagement vermisse ich bei der heutigen Jugend, und dabei geht es doch, wie damals, um ihre Zukunft. Wenn man Jugendlichen heute Fragen zu Politikern stellt, kommen ganz abenteuerliche Antworten. Natürlich haben die Studenten damals auch Ho-Tschi-Minh geschrien, ohne 100 Prozent zu wissen, wer das überhaupt ist. Hauptsache Ho-Tschi-Minh. Aber sie haben wenigstens was getan. Heute verlieren sich Jugendliche in der Welt des Internets - Briefe schreiben geht schon garnicht mehr. Schillerstraße statt Goethe, Gewaltvideos statt Lassy - die langsame Verblödung unserer Gesellschaft ist in vollem Gange. Selbstverständlich redet Reich-Ranicki nicht unbedingt zeitgemäß, was möglicherweise auch daran liegt, dass Jugendliche den Inhalt seiner Vorträge geistig nicht nachvollziehen können. Aber im Prinzip hat dieser Mann senkrecht und waagrecht: Das TV-Programm ist überwiegend Gülle, und wir sind schon so weit verkommen, dass wir garnicht mehr abschalten wollen. Dabei läge es in unserer Hand - oder doch nicht? ;)

hobbygolfer
28.10.2008, 08:37
Gewaltvideos statt Lassy - die langsame Verblödung unserer Gesellschaft ist in vollem Gange.

Naja, auch da kann man geteilter Meinung sein, was schlimmer ist! ;) :D

Generell habe ich ein Problem damit, wenn andere Anderen vorschreiben wollen, was gut oder schlecht ist. Also ein perfekter Nährboden für eine Wertediskussion, die ich an dieser Stelle nur auf das Fernsehen begrenzen möchte.

Ich traue jedem Erwachsenen zu, für sich selbst zu entscheiden, was es/sie schauen möchte oder nicht und dieser Erwachsene sollte auch in der Lage sein, für seine Kinder eine Verantwortung zu übernehmen.

Ein solch mündiger Bürger wird also eine passende Auswahl aus dem Angebot der Kanäle treffen, oder die Aus-Taste drücken, wenn kein passendes Angebot besteht. Wenn also die Fernseher laufen, ist es zunächst einmal ein Zeichen dafür, dass das laufende Angebot angenommen wird, so what?

Da hilft es auch nicht, wenn Gebetsmühlen artig immer wiederholt wird, wie hochintelligent MRR gegenüber DB sei (wobei ich DB für sehr intelligent halte, allerdings in einer sehr speziellen Art, die nicht die Meine ist), auch hat ein MRR nicht das Recht, Menschen den Fernsehkonsum zu diktieren; seine Standpunkt äußern ist aber völlig legitim.

Übrigens hinkt Dein Vergleich, Walter, da nun mal wenige Jugendliche Literaten als Beruf gewählt haben und auch die meisten der DSDS-Kandidaten älter als 18 Jahre sind.

wate
28.10.2008, 10:28
Interessante Bemerkungen, lieber hobbgolfer. Habe bitte Verständnis dafür, wenn ich einige Punkte herauspicke, um ihnen zu entgegnen.

DB ist nicht intelligent, vielmehr clever. Er nutzt das Dummheitspotenzial der überwiegenden Anzahl seiner Zuschauer aus, um mit diesem Kalkül Geld zu verdienen. Wir könnten bei dieser Gelegenheit jetzt auch streiten, wie intelligent und pädagogisch wertvoll es ist, eingeladene junge Protagonisten vor Millionenpublikum fertigzumachen. Sollten das die Wertmaßstäbe unserer heutigen Zeit sein, dann erinnere ich mich doch gerne an Lassy und Fury zurück. Unverdorbene Serien ohne Werbeberieselung, denn das Infame an den heutigen Programmen ist doch, dass die Kids alle 15 bis 20 Minuten mit Werbung vergewaltigt werden. Einige Programmmacher schrecken vor nichts zurück.

Dass sie dabei offensichtlich den Nerv ihrer Zuseher treffen, sollte uns, bevor wir das als Rechtfertigung ansehen, zu denken geben. Wie flach sind unsere Ansprüche an die Welt eigentlich geworden? Was läuft schief in dieser Gesellschaft, wobei ich alleine in der Bemerkung einer User, alles sei völlig normal, schon eine gewisse Schieflage sehe.

Du glaubst allen Ernstes, dass die Zuschauer sehr wohl entscheiden, was sie sehen wolllen oder nicht? Sollte man meinen, gelle? ;) Aber ist das auch so? Sind die Kids heute nicht viel zu sehr auf sich alleine angewiesen, weil Mama und Papa arbeiten gehen und/oder in Internetdingen einfach nicht mithalten können?

Wieviele Menschen leben an der Armutsgrenze? Was glaubst Du? Diese Menschen, die aus ganz verschiedenen Gründen fertig sind mit der Gesellschaft, sind die potentiellen Zuseher und Mitmacher der täglichen Talkshows, die inhaltlich an Dummheit und Blödheit kaum noch zu toppen sind.

Mir gefallen auch die Talksendungen der öffentlich-rechtlichen Sender nicht alle. Immer nach dem gleichen Strickmuster, immer die gleichen Leute und Meinungen. Ein Konsens, als gewünschtes Ergebnis einer Diskussion findet nur ganz selten statt. Am Ende beharrte jede(r) auf seiner/ihrer Meinung, denn meistens sind ja z.B. Wahlkämpfe zu beachten.

Die interessantesten und ehrlichsten Aussagen von Politkern kriegst Du in Talkrunden mit 80-jährigen ehemaligen Politgrößen, die ohne Zwang plötzlich zu Einsichten kommen, die sie während ihrer Amtszeit irgendwo abgelegt hatten. Aber wen interessiert heutzutage ein Interview mit Helmut Schmidt? Die meisten Jungen wissen doch nicht mal, dass Schmidt früher Bundeskanzler war.

Ich bin der Auffassung, dass man/frau solche Dinge jungen Leuten vermitteln muss. Unsere Jugend sollte in der Lage sein, geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge unserer Vergangenheit zu kennen, und hier sehe ich ein Versagen der Schulen, was bei den sogenannten Pisastudien regelmäßig bestätigt wird.

Ich sehe auch ein Versagen der Politik, ich sehe viele Wirtschaftskriminelle und jeden Tag Schlagzeilen über sie. Wir sind längst verdrossen über diese Entwicklung, gehen nicht mehr zu Wahlen, engagieren uns kaum noch ehrenamtlich und/oder politisch. Was um uns abläuft, geht vielen am berühmten Hintern vorbei.

Immerhin hat Reich-Ranicki mit seinen provokanten Thesen erreicht, dass über den Werteverfall diskutiert wird, z.B. auch hier im Auwi. Ob er das erreichen wollte?

Cambria
28.10.2008, 13:10
Also, ich habe diese Diskussion mitverfolgt. Ich habe die Sendung mit Reich-Ranicki und Gottschalk gesehen und mir dann im Nachhinein die Preisverleihung bei youtube angesehen.

Ich habe den Eindruck, dass diese ganze Geschicht nicht so spintan war, wie sie dargestellt werden sollte und musste mich sehr wundern, dass Herr R.-R. sich dafür bereit erklärt hat.

Wenn das ZDF damit versucht haben sollte eine Diskussion in Gang zu bringen und diese sich dann auch noch auf die Fahnen zu schreiben, also getreu dem Motto, dass sie sich Gedanken zu diesem Thema machen, dann ist das meiner Meinung nach gründlich in die Hose gegangen und mehr als unglaubwürdig.

Warum macht man eigentlich keine nieveauvollen Sendungen mehr? Warum versuchen auch die Öffentlich-Rechtlichen sich dem Mainstream zu unterwerfen und liefern dabei noch erbärmlichere Sendungen als die Privatsender ab?

Warum führt ein Herr G. kein richtiges Gespräch mit R.-R. sondern stellt Fragen, die keine Antwort zulassen.

Meiner Meinung nach ist es schon wichtig, was gesendet wird und hat einen Einfluss. Wenn ich nur Kartofelsuppe angeboten bekomme, dann essse ich sie auch, wenn ich aber stattdessen auch Bohneneintopf oder Filet mit Trüffeln angeboten bekomme, werde ich diese auch konsumieren.

Es ist falsch, wenn ein Herr G. behauptet, dass die Jugendlichen mit Klaasik nicht vorm Ofenhervorgelockt werden können. Ein gutes Beispiel ist Sir simon Rattle mit seinem Projekt "Rythm is it". Sicherlich nur ein Beispiel, das aber zeigt, dass es nicht nur DSDS oder GZSZ sein muss.

Was ich aus dieser ganzen Geschichte als Fazit ziehe, ist, dass zwei eitle Gockel ihr gesicht mal wieder in die Kamera halten durften (Zufall, dass R.-R. kurz vorher ein Buch herausgegeben hat?).

hobbygolfer
28.10.2008, 13:33
Walter, wir gehen doch d’accord, dass es ein Gesellschaftsproblem ist. :)

Aber reduzieren nur auf junge Menschen aus unteren Gesellschaftschichten bringt hier gar nichts (dazu Frage Reporter: „Haben Sie gehört, Herr Kohl soll heterosexuell sein!?“ ca.55- 70 jährige Befragte: „Igitt“ „Pfui deibel, der auch?!“), eine ewiges „ach wir sind ja bei Pisa so schlecht“ ist kein Argument.

Werte sollten eigentlich für Jeden feststehen, aber es ist sicher nicht das Fernsehen -und darum geht es hier- das hier den schwarzen Peter hat, weil es die derzeitige Qualität produziert.

Wenn über Steuerhinterziehung, Bankcrash etc. in Maßstäben berichtet wird, die jenseits des Vorstellungsvermögens Vieler liegen (und -ganz ehrlich- , manches Bankgeschäft gehört auch für mich zum „schwarzen Loch“), dann erschüttert dies Werte unsere Gesellschaft in deren Grundfesten.

Wenn ich nun bei all diesen Berichten statt Grass zu lesen…äh, sorry, das Nibelungenlied zu hören…nun lieber eine Folge Dr. House sehe, wo liegt darin der Blödsinn? :confused:

Was ich aus dieser ganzen Geschichte als Fazit ziehe, ist, dass zwei eitle Gockel ihr gesicht mal wieder in die Kamera halten durften (Zufall, dass R.-R. kurz vorher ein Buch herausgegeben hat?).

Über diesen Zufall hatte ich auch gewundert! ;) :)

Michelino
28.10.2008, 14:30
Unsere Jugend sollte in der Lage sein, geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge unserer Vergangenheit zu kennen, und hier sehe ich ein Versagen der Schulen, was bei den sogenannten Pisastudien regelmäßig bestätigt wird.


Also mit Verlaub, Walter, da redest du wie der Blinde von der Farbe.
Keine Pisastudie hat jemals

geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge unserer Vergangenheit

abgeprüft. Dass du wie der uninformierte Teil der Bevölkerung, "Pisa" ohne zu wissen, um was es dabei wirklich geht, auf alle erdenklichen Lerninhalte ausdehnen willst, macht dich in dieser Debatte nicht unbedingt glaubwürdiger.
Pisa prüfte ausschließlich um sinnentnehmendes Lesen und mathematisches Grundverständnis in Jahrgangsstufe 9. Hier wurde in den meisten Bundesländern erstaunlich schnell gegengesteuert, Nachfolgetests zeigen deutliche Besserung. Pisa, vor 5 Jahren erhoben, ist nicht mehr der aktuelle Stand.
Prima finde ich die Entwicklung (zumindest im Raum Stuttgart), dass viele Firmen im Bewerbungsverfahren für Ausbildungsstellen (auch im gewerblich-technischen Bereich!) seit einiger Zeit die Allgemeinbildung, unter anderem auch
geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge unserer Vergangenheit
einbauen. Das spricht sich schnell herum und die Jugendlichen interessieren sich auf einmal wieder verstärkt dafür. Die Schulen bieten das schon immer an, es muss aber auch Abnehmer geben, die es schätzen. Viel zu lange haben Industrie, Handwerk und Handel viel zu wenig auf Allgemeinbildung geachtet, daher war sie auch bei Schülern und bei Eltern! nicht hoch im Kurs.
Flächendeckende Einführung des schulischen Ganztagesbetriebs (in meiner Schule zu Beginn dieses Schuljahres begonnen )ist eine meines Erachtens sehr gute Antwort auf die abnehmende Bereitschaft von Eltern, Kinder und Jugendliche zu erziehen.

wate
28.10.2008, 15:46
Blinde können Zustände meist besser empfinden und beschreiben als Sehende - nur mal so. :)

Die vorgenommenen Pisastudien haben ein schlechtes Licht auf die Schulbildung der Befragten geworfen. Schwerpunkt war Mathematik (Deutschland sehr schlecht), und auch in den Naturwissenschaften (Ergebnis: Fast ein Viertel der Schüler bringen dem Bericht zufolge aber "sehr ungünstige Voraussetzungen für eine weitere Auseinandersetzung mit Naturwissenschaften" in Schule, Beruf oder Alltag mit - Quelle: ard.de) glänzten wir nur auf den hinteren Rängen, genauso wie beim Lesen. Das alles sind Voraussetzungen, Dinge zu begreifen. Ich denke schon, dass die Pisastudie ein gewisses Licht wirft. Als Vater von drei gewesenen Schulkindern kenne ich zudem die Probleme an den diversen Schulen ganz genau. Meine mittlere Tochter hatte z.B. zwei Jahre lang keinen Kunstunterrricht, was ich für unhaltbar empfinde. Mangels Lehrpersonal. Bei Elternsprechstunden war immer wieder das Thema, dass die Kinder besonders in Politik und Geschichte gewaltige Defizite haben. Dass unsere Lehrer zudem ohnmächtig dem Problem Drogen auf dem Schulhof entgegenstehen, ist eine weitere schlimme Entwicklung. Auch bei Gewalt wird gerne weggesehen. Gerade kürzlich lief in der ARD ein Bericht über zur Politik befragte Jugendliche. Die Antworten waren erschreckend - die Kids kannten jetzige und gewesene Politiker nicht und hatten auch ansonsten mit dem Thema nicht viel am Hut. Die Kinder (sorry für die Verallgemeinerung) sind mittlerweile soweit in der virtuellen Welt angekommen, dass sie kaum noch ohne Handy auskommen. Im Bus, auf dem Klo, im Unterricht, fast überall. Schöpferische Kraft entdecke ich besonders, wenn es darum geht, Menschen in Videospielen den Kopf wegzublasen. Auch das Thema Alkohol und Jugend spielt eine immer stärker werdende Rolle in Deutschland. Wo sind bleibende Werte, die in der Gegenwart geschaffen werden? Musikalische Eintagsfliegen statt Beatles oder Stones, denn diese Gruppen haben in den 60ern und 70ern Werte geschaffen. Die Jugend kann für ihre Bocklosigkeit nichts - Schuld sind wir Älteren. Es gibt deshalb keinen Grund, die Jugend von heute schlechtzureden, aber zum Beschönigen besteht absolut kein Anlaß.

Michelino
29.10.2008, 09:16
Ich schwenk die weiße Fahne.
Gegen eine solche Latte an Verallgemeinerungen kann ich nicht anargumentieren.s4:-)
Nur eines noch: Wer oder was auch immer deine Quellen sein mögen: Eine Pisa-Studie zur Naturwissenschaft hat es nie gegeben.

wate
29.10.2008, 09:47
Aber, aber - wer wird denn gleich kapitulieren? ;) Man/frau darf durchaus unterschiedlicher Meinung sein und auch bleiben. Die internationale PISA-Projektleitung hat eine Reihe von Aufgaben zur Veröffentlichung freigegeben, die Du hier findest:

Beispielaufgaben (http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/beispielaufgaben.html)

Wie Du siehst, geht es hier um


Lesekompetenz

Mathematische Grundbildung sowie

Naturwissenschaftliche Grundbildung

Das Feld "Naturwissenschaften" war also sehr wohl besetzt.

Hier ein Direktlink zu natuwissenschaftlichen Fragen der PISA-Studie:

Klick (http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/Beispielaufgaben_Naturwissenschaften.pdf)

Sei mir bitte nicht böse, ;) wenn ich Deine Bemerkung

Nur eines noch: Wer oder was auch immer deine Quellen sein mögen: Eine Pisa-Studie zur Naturwissenschaft hat es nie gegeben

nicht nachvollziehen kann.

Recht hast Du, wenn Du auf dem Standpunkt stehst, dass Verallgemeinerungen wenig taugen. Sind die Probleme Rauschgift und Drogen sowie Gewalt an Schulen wirklich Verallgemeinerungen oder bundesweite Realität? Ist das Thema Lehrermangel verbunden mit ausfallenden Stunden (meistens Kunst) eine Verallgemeinerung? Muß man/frau dem Zeitgeist alles opfern, was einem lieb und wert ist, oder ist es vielleicht so, dass die Gesellschaft vor ihm kapituliert?

TuValu
29.10.2008, 13:04
Recht hast Du, wenn Du auf dem Standpunkt stehst, dass Verallgemeinerungen wenig taugen. Sind die Probleme Rauschgift und Drogen sowie Gewalt an Schulen wirklich Verallgemeinerungen oder bundesweite Realität? Ist das Thema Lehrermangel verbunden mit ausfallenden Stunden (meistens Kunst) eine Verallgemeinerung? Muß man/frau dem Zeitgeist alles opfern, was einem lieb und wert ist, oder ist es vielleicht so, dass die Gesellschaft vor ihm kapituliert?

An der Schule meines Sohnes spielen (Gottseidank) Drogen und Gewalt keine Rolle (jedenfalls nicht dass ich auch nur ansatzweise etwas mitbekommen hätte ;-)) .... allerdings ist der Stundenausfall und die Unterrichtsgestaltung für mich ein immer akutes Problem.
Realität in NRW: Kunst, Musik, Geografie, Geschichte, Physik, Biologie sind so nebensächlich, dass sie gar nicht jedes Jahr unterrichtet werden oder oft ausfallen.....aber für Religion ist von der 1. bis zur 12. / 13. Klasse genügend Zeit......Das bringt mich manchmal echt auf die Palme.....

wate
29.10.2008, 14:04
Ich finde es schlimm, wenn solche elemtare Bausteine fürs spätere Leben in der Schulbildung nur mangelhaft vorkommen. Entsprechend, und da verallgemeinere ich gerne, weil das ein bundesweites Problem darstellt, ist es um die Allgemeinbildung und die kreativen Ausrichtungen der Kids bestellt. Wir dürfen uns über miserable Pisastudien nicht wundern. Und wir dürfen uns schon garnicht wundern, wenn die Kids ihr Heil in der virtuellen Welt suchen.

Michelino
18.11.2008, 07:07
Die internationale PISA-Projektleitung hat eine Reihe von Aufgaben zur Veröffentlichung freigegeben, die Du hier findest:

Beispielaufgaben (http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/beispielaufgaben.html)

Wie Du siehst, geht es hier um


Lesekompetenz

Mathematische Grundbildung sowie

Naturwissenschaftliche Grundbildung



Ich freue mich, dass die naturwissenschaftliche Pisa-Studie, die du mit sehrischen Fähigkeiten :D bereits vor Wochen als bereits bekannt postuliert hast, nachdem du internationale Aufgaben dazu gefunden hast, nunmehr wirklich auf dem Markt ist.
A propos anderes Thema: Wo liegt Kochs hervorragendes Hessen?

wate
18.11.2008, 08:46
Hessens Schulbildung krankte schon unter Holger Börner. Es regen sich halt immer diejenigen auf, die in der Opposition sind (gilt für alle Parteien). Mit Sachsen und Bayern sind übrigens zwei unionsgeführte Länder Spitzenreiter. ;)

Michelino
18.11.2008, 10:40
Hessens Schulbildung krankte schon unter Holger Börner.

Holger Börner ist schon seit 1987 nicht mehr im Amt. Nun sind ja die Christdemokraten nicht gerade die schnellsten, aber sie als so lahmarschig hinzustellen, das geht mir dann doch ein bisschen weit.
Holger Börner kann heute keine Ausrede mehr für das Versagen von Kochs Regierung in der Bildungspolitik sein - und wir wissen alle, dass das Wahldebakel in Hessen nicht zuletzt aus der planlosen (oder nicht vorhandenen) Bildungspolitik resultiert.

Mit Sachsen und Bayern sind übrigens zwei unionsgeführte Länder Spitzenreiter. ;)
Nicht vergessen: mit Thüringen und Baden-Württemberg folgen weitere unionsregierte Länder. Die Union an sich macht keine schlechte Bildungspolitik - auch Frau Schavan, Leihgabe an den Bund aus Baden-Württemberg, macht in ihrem Amt als Bundesbildungsministerin einen guten Job.
Nur in Hessen wurde und wird weiterdilletiert.

Wichtig für den Ursprungs dieses Threads: Viele Vergleichsindikatoren gehen in die richtige Richtung - messbares Wissen und Fähigkeiten der Schüler/innen sind im Vergleich zu früheren Studien signifikant besser. Genauer Blick auf die Daten lohnt sich, um manchen Gemeinplatz stecken zu lassen.

MAXX
18.11.2008, 18:40
Die (Bundes)Länderhoheit über das Bildungswesen gehört schlicht abgeschafft.
Wenn ich nur dran denke, dass Ausschüsse, Gremien, Arbeiskreise und was weiß ich nicht noch alles, fast 15 Jahre an einer letztendlich total verkorksten (und teuren) Rechtschreibreform gebastelt haben, kommt mir -mit Verlaub- das Ko**en.
Was macht denn das für einen Sinn, wenn in einem vereinten Europa mittlerweile die Bildungsstandards auf der Hochschulebene weitgehend angeglichen werden aber in zwei 5 km auseinanderliegenden Dörfern innerhalb Deutschlands andere Lehrpläne/-inhalte gelten.
Und was Hessen anbelangt: hier in Frankfurt wurde grade vor ca. einem guten Jahr mal wieder ein Arbeitskreis gebildet, und eine (wiedermal sehr kosten- und zeitintensive) Erhebung in Auftrag gegeben, woran es liegt, dass die Schulen so schlecht abschneiden bzw. das Bildungswesen einen so schlechten Ruf hat.
Das Ergebnis könnte man innerhalb weniger Wochen fast kostenlos bekommen. Man bräuchte nur mal Eltern, Lehrer/-innen und Schüler/-innen zuhören. Aber die sind ja alle doof.

wate
18.11.2008, 20:05
Folgendes Beispiel: Ein Schüler aus Bremen, das im Ländervergleich zwei Klassen hinter Sachsen herhinkt, verzieht nach Sachsen. Wie soll das funktionieren?

Michelino
19.11.2008, 11:35
Folgendes Beispiel: Ein Schüler aus Bremen, das im Ländervergleich zwei Klassen hinter Sachsen herhinkt, verzieht nach Sachsen. Wie soll das funktionieren?

Eigentlich ganz einfach: Dieser Schüler genießt in Sachsen individuelle Förderung - der Schüler-Lehrer-Schlüssel ist dort ganz besonders günstig.
Das ist Alltag in Schulen! Auch in meine Schule in Baden-Württemberg sind schon Schüler aus Bremen oder Nordrhein-Westfalen aufgeschlagen.

Wenn man die Länderhoheit in der Bildungspolitik aufheben würde, dann gäbe es zwei Möglichkeiten:
1. Man orientiert sich bei den Standards an den starken Bundesländern, dann fällt eine ganze Schülergeneration in den schwach abschneidenden Bundesländern unter den Tisch, hat keinerlei Chance aufzuholen
oder
2. Man orientiert sich an den schwachen, dann - nein, das möchte ich mir gar nicht vorstellen müssen.

So einfach es klingt, diese Forderung, so unmöglich scheint sie mit umsetzbar.
Der erste richtige Schritt wäre: Gemeinsame Standards entwickeln - und zwar auf die tatsächlichen Anforderungen bezogen, nicht so gestrickt, dass es auch der letzte Hauptschüler aus der Raithelsberg (Stuttgart)- oder Rütli(Neukölln)-Schule irgendwie noch hinkriegt (was ich befürchte, wenn man einen gemeinsamen Konsens suchen muss).

MAXX
19.11.2008, 12:38
Hallo Michelino,
ich sehe keinen Widerspruch in der Forderung nach Abschaffung der Länderhoheit und deiner Forderung nach gemeinsamen Standards. Ganz im Gegenteil sogar sind das sich ergänzende Vorgehensweisen.
Das Eine (Länderhoheit) betrifft die administrative Seite, und das Andere (Standards) betrifft die inhaltliche Ausrichtung.
Augenblicklich stellt es sich doch so dar, dass genau diese administrative Seite mit ihrem aufgeblasenen bürokratischen Wasserkopf dem Bestreben einheitliche Standards zu entwickeln teilweise sogar entgegensteht. (Beispiel siehe KMK zur Rechtschreibreform)
Und es fällt natürlich schon auch auf, dass die "stärkeren" Bundesländer da auch am stärksten "bremsen", und dran interessiert sind, den Status Quo zu halten. Ist ja auch verständlich, aber nicht zielorientiert auf das gesamtdeutsche Schul-Bildungswesen gerichtet; es bleibt somit mehr oder weniger kleinkariert und egozentrisch.

Und das frei werdende Geld aus dem Bürokratenapparat ließe sich prima dazu einsetzen auch dem "letzten Hauptschüler" (finde deine Wortwahl etwas befremdlich) mehr Förderung zukommen zu lassen.

Michelino
19.11.2008, 16:48
Augenblicklich stellt es sich doch so dar, dass genau diese administrative Seite mit ihrem aufgeblasenen bürokratischen Wasserkopf dem Bestreben einheitliche Standards zu entwickeln teilweise sogar entgegensteht. (Beispiel siehe KMK zur Rechtschreibreform)

Ob dieser Wasserkopf nicht noch größer wird, wenn der Bund zuständig ist? In Baden-Württemberg kann ich mich derzeit über zu große Bürokratie nicht beklagen - die Eigenständigkeit der Schulen wird sehr groß geschrieben.


Und es fällt natürlich schon auch auf, dass die "stärkeren" Bundesländer da auch am stärksten "bremsen", und dran interessiert sind, den Status Quo zu halten. Ist ja auch verständlich, aber nicht zielorientiert auf das gesamtdeutsche Schul-Bildungswesen gerichtet; es bleibt somit mehr oder weniger kleinkariert und egozentrisch.

Die Befrüchtung, die ich absolut teile, ist, dass Schüler/innen aus erfolgreicheren Bundesländern auf das Niveau der weniger erfolgreichen heruntergestutzt werden müssten, wenn das für alle gleichermaßen funktionieren sollte. Egoistisch oder nicht, ein Rückschritt für Bayern, Sachsen oder Baden-Württemberg wäre es allemal.
Besser wäre: Einheitliche Standards, aber nicht auf tiefem Niveau.

Und das frei werdende Geld aus dem Bürokratenapparat ließe sich prima dazu einsetzen auch dem "letzten Hauptschüler" (finde deine Wortwahl etwas befremdlich) mehr Förderung zukommen zu lassen.
Sorry, da ist mal wieder der Schwabe mit mir durch - der "Letzte" meint in meiner Sprache den "Schwächsten" und ist nicht so abwertend wie es in anderen Teilen dieses Landes klingt. Das mit "mehr Förderung" ist gut - wo kann ich unterschreiben?
Das liegt wohl eher weniger an der Union, sondern ganz bestimmt an dem geringen Migrantenanteil in diesen Bundesländern (z.B. im Vergleich zu NRW). Leider haben Kinder, deren Familien aus anderen Herkunftsländern kommen, nicht die gleichen Chancen wie Kinder mit deutscher Herkunft (Kinder aus bildungsungewohnten Familien haben diese auch nicht). An dieser Stelle müsste unbedingt was getan werden (man denke nur an die Studiengebühren :mad: ).
Baden-Württemberg hat einen ähnlich hohen "Migrantenanteil" (das Wort finde jetzt ich befremdlich) wie NRW. An dem allein liegt's sicher nicht.
Als Ursachen mindestens gleichwertig zu sehen sind die Sozialstrukturen (wenn wir schon populistische Scheinfachwörter verwenden wollen: Hier würde dann "bildungsferne Schichten" passen) - hier liegt BW wahrscheinlich günstiger als NRW - aber Sachsen oder Thüringen hat dieses Problem verstärkt.

MAXX
19.11.2008, 18:28
Ich glaube, das die Angst man müsse so "schlecht" werden, wie die Schlechtesten wenn die Länderhoheit wegfällt ist eine völlig irrationale.
Denn ob Schüler/-innen gute oder schlechte Leistungen erbringen hängt doch nicht davon ab, ob eine Bundesorganisation/-institution oder eine Landesorganisation/-institution das Bildungswesen betreiben.

Es hängt überwiegend (nicht ausschließlich) von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln ab.
-Schulpersonal (nicht nur Lehrer, sondern auch Schulsozialarbeiter, Schulpsychologen, Nachmittags- und Freistundenbetreuer, Sekretariatsangestellte und sogar Reinigungspersonal und Hausmeister gehören für mich da zu), sowie die
-materielle Ausstattung mit Lehrmitteln wie Büchern, Laboreinrichtungen, Sprachlabors, Kopieren, PC's, Sportgeräte sowie
- der Zustand bzw. das Vorhandensein von Aulen, Turnhallen, Schulkantinen usw. usw.
sind alles Dinge, die das Lernen erleichtern (aber das weisst du ja selbst), und somit auch leistungsfördernd sind.
Im Bildungswesen sollte es ebenfalls so etwas wie einen zeitlich begrenzten finanziellen Länderausgleich geben. Das muß ja nicht heißen, dass alle Länder für jeden Schüler sofort das gleiche zur Verfügung haben, aber wenigstens annähernd.

Mich würde mal interessieren wie es um die Gesamt-Ausgaben pro Schüler/-in in den einzelnen Bundsländern im Vergleich und unter Berücksichtigung des PISA-Ergebnisses aussieht. (Aber das will vermutlich niemand so genau wissen)

Michelino
19.11.2008, 19:15
Ist alles richtig -
aber allein der "Finanzausgleich" würde dazu führen, dass die mehr ausgebenden Länder in ihren eigenen Schulen kürzen müssten. Wenn man die Automatismen der deutschen Politik bei der Suche von Kompromissen schon ein paar Jahrzehnte verfolgt, kann man sich der Skepsis bei einer Nivellierung so weit auseinanderliegendenr Ausgangsbasen nicht verschließen.
Nicht ganz sicher bin ich mir auch, ob ein Bildungsministerium in Berlin den wirklich vorhandenen regionalen Besonderheiten so Rechnung tragen kann, dass die Eigeninitiative vor Ort nicht austrocknet.
Ja, ja, ich weiß - Bedenkenträger bringen nicht vorwärts. In diesem Fall kann ich einfach nicht anders.

MAXX
19.11.2008, 23:43
Ich kann deine Bedenken und Befürchtungen sehr gut nachvollziehen. Glaube aber, dass ein Verharren in alten Strukturen, sowie Denk- und Handlungsmustern nicht mehr geeignet ist, das marode Bildungssystem wieder auf die Beine zu bringen.

Crunchy Frog
25.12.2008, 22:25
@Travis (...) Ich weiss nicht, aber ich persönlich fühle mich bei einer schwarz-weiss Reportage über Stammes-Riten im Lampukistan (Original mit Untertiteln) nicht zwangsläufig blendend unterhalten. ...glaub mir mal einfach Travis, nach ein oder zwei Flaschen <Küstennebel> wird sich deine Verunsicherung allmälich legen...:rolleyes: !

@ u.a. alle anderen Mitleser:
Mich persönlich interessiert es näHmlich überhaupt nicht ob es eine der "Hüpfdohlen" in die just aktuellste Girlygroup schafft oder nicht - Hauptsache sie hat genug "Holz vor der Hütte" , hat ein "vorteilhaftes Heck" - und ist nicht <blond>.
Diese meine Sicht der Dinge ist nicht nur äusserst genitalgesteuert, sie ist auch ehrlich !

Ob mir dann ein <LITERATURKRITIKER> (..."ich nörgel über fremde Leute Bücher und kassiere dafür auch noch mächtig Knete"...) ein Buch anpreisst oder in China ein Sack Reis umfällt... - scheiss was drauf !?
WER bestimmt welche Literatur ICH bevorzuge ?

MRR ?? Der "Deutsche Bücherbund" ??? Bertelsmann ???? Amazon ????? Thalia ??????

Ich ändere (...manchmal mehrmals täglich...) meine Lesegewohnheiten - da mag aweng Manipulation im Spiel sein - aber von Tommy Jaud´s <RESTURLAUB> über Dieter Bohlens <NICHTS ALS DIE WAHRHEIT> bis hin zu Iny Lorentz <WANDERHURE> ist es meines Erachtens nur ein kleiner Grat !?

Eigentlich lese ich "fast alles" und doktore & sortiere jahrelang später noch an meinen Dummheiten rum...:o