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Vollständige Version anzeigen : Gelassenheit, Mut und Weisheit


MAXX
12.02.2007, 01:03
Ein reicher Fabrikant hatte drei Söhne, die so gut wie erwachsen waren. Eines Tages lud er sie zu einem Familientreffen ein, weil er die Aufteilung seines Erbes mit ihnen besprechen wolle.
Allerdings war er mit dem bisherigen Verhalten seiner Söhne nicht so richtig einverstanden.
Deswegen tadelte er den Ältesten:
„Ich finde, du bist jetzt alt genug um langsam etwas ruhiger und gelassener zu werden. Geh hinaus in die Welt und finde Gelassenheit!“
Dem Mittleren warf er Wankelmut und Zaghaftigkeit vor: „Lass dich nicht immer vom Älteren oder vom Jüngeren so leicht verunsichern. Sei mal etwas forscher und mutiger. Geh hinaus in die Welt und finde Mut!“
Zum Jüngsten sprach er: “Du bist noch immer ein Träumer, und nicht sehr klug und weise. Deswegen trage ich dir auf, Weisheit zu finden!“
Die Söhne fanden das gerecht und stimmten zu..
„Wenn ihr denkt genug Gelassenheit, Mut und Weisheit gefunden zu haben kommt zurück, und ich werde dann entscheiden wie hoch der Anteil meines Erbes für jeden von euch sein wird." versprach der Vater.

Der Älteste legte also gleich los. Als erstes suchte er im Internet nach esoterischer Literatur, und bestellte davon alles, von dem er annahm dass es ihm dabei behilflich sein könnte, Gelassenheit zu finden. Er richtete sich im Hause ein Meditationszimmer ein, besorgte sich CD’s mit meditativen Klängen und Vorträgen großer Meister. Nach ungefähr zwei Jahren erfuhr er auf diesem Wege von einem asiatischen Kloster in das man aufgenommen werden konnte, wenn man den aufrichtigen Wunsch hatte, zukünftig ein Leben in Gelassenheit zu führen. Er flog dort hin, wurde angenommen und verbrachte einige Jahre mit seinen Lehrern.

Der Mittlere der Söhne war auch gleich nach der Empfehlung seines Vaters aktiv geworden. Da er aber etwas unsicher und wankelmutig war, konnte er sich erst nicht entscheiden, was er tun sollte um mutiger zu werden. Nach vielem Abwägen und Zögern begann er nach einem Jahr. Als erstes nahm er mal an einem Survivalcamp im Dschungel teil, und merkte, dass das recht einfach war.
Schon etwas mutiger geworden meldete er sich danach gleich bei einem Fallschirmspringerkurs an, und absolvierte diesen erfolgreich. In diesem Kurs lernte er einen Mann kennen, der berichtete von einer Kampfsportschule in China. Dort würden Kämpfer ausgebildet die einmal täglich im Training ihr Leben riskieren mussten. Das, so dachte der Mittlere, würde seinen Vater bestimmt überzeugen. Er trat in diese Kampfsportschule ein und trainierte dort einige Jahre.

In der Zwischenzeit war der Älteste im Kloster ein wahrhaft gelassener und in sich ruhender Mensch geworden, den nichts mehr aus der Ruhe bringen konnte. Er bat den Vorstand des Klosters ihn wieder zu entlassen, damit er heim könne. Als er beim Umsteigen in Bangkok einchecken wollte, traf er dabei auf seinen Bruder, der ein wirklich mutiger Mann geworden war der sich vor Nichts ängstigte. Die Zwei erkannten sich fast nicht wegen der Wesensveränderungen und wurden lediglich durch ihre gleichlautenden Nachnamen beim Einchecken aufeinander aufmerksam.
Auf dem Rückflug erzählten sich die zwei, was sie in der Zwischenzeit alles an sich verändert hatten, und überlegten, was wohl aus ihrem jüngsten Bruder und dem Vater in der Zwischenzeit geworden sei.
Sofort als sie gelandet waren fuhren sie an die Villa Ihres Vaters.

Aber dieser war in der Zwischenzeit verstorben. Über drei Jahre hatte er vergeblich gegen eine Immunschwächekrankheit angekämpft und verloren.
Der Jüngste der Brüder, der überhaupt nicht verstanden hatte, was der Vater ihm damals für eine Aufgabe gestellt hatte, war anschließend einfach bei ihm geblieben. Und als der Vater starb, vermachte dieser kurzerhand alles dem Jüngsten, weil er nicht wusste wo die zwei anderen verblieben waren.

Da mussten die zwei älteren Brüder eingestehen, dass all ihre Anstrengungen sie letztendlich doch nicht zum ersehnten Ziel gebracht hatten. Der Jüngste hatte gelernt, dass es durchaus weise sein kann, bei sich und seinen Träumen zu bleiben. Und weil ihm klar geworden war, wie sehr er seine Brüder brauchte und vermisst hatte und ihm der Besitz nicht wichtig war, teilte er alles mit ihnen.