Die vielfache Wiederholung einer falschen Auslegungsauffassung durch diverse Sportfreunde macht diese nicht richtiger. Man muss bei der Anwendung einer Regel auf einen zu entscheidenden Fall sehr eng an der wörtlichen Ausformulierung kleben bleiben - es sei denn, es existierten offizielle Kommentare zu der Regel, wie diese auszulegen sei.
Die Kompetenz, solche offiziellen Kommentare abzugeben, kann eigentlich nur beim DMV-Lehrwart und den nachgeordneten LV-Lehrwarten liegen. Auf den Schiedsrichterschulungen sind die Teilnehmer über diese offiziellen Auslegungsrichtlinien aufzuklären. Nur so kann erreicht werden, dass die Regeln einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Mir graust es vor (Ober-)Schiedsrichtern, die sich selber einen Kommentar zu den Spielregeln zurechtschustern und zu Entscheidungen kommen, die - wie der neulich besprochene Fall aus Niedersachsen - nur Kopfschütteln auslösen, und die nachher von jedem Rechtsausschuss zerpflückt werden können. Soll heißen: so lange man von Lehrwartsseite keinen "offiziellen" Kommentar zu dieser Regel hört, erfreche ich mich erstmal, die Story von dem V + 2 + 7 nicht zu glauben.
Wenn der Regelgeber gewollt hätte, dass ein Beenden der Bahn mit einem unerlaubt gewechselten Ball dem Nichtbeenden der Bahn gleichkommt, hätte er dies als Regel zusätzlich mitformulieren müssen. Denn grundsätzlich lässt sich aus einem Regularium kein Tatbestand konstruieren (hier: "nicht ordnungsgemäßes Beenden"), der nicht explizit darin vorkommt. Im Gegenteil sprechen verschiedene Indizien dafür, dass der Regelgeber den Tatbestand "unerlaubtes Ballwechseln" getrennt von dem Tatbestand "Nichtbeenden der Bahn" beurteilt haben will. Zu welchem Zweck hätte man sonst in 9.1 das Nichtbeenden der Bahn wortwörtlich (somit ausschließlich!) als Nichteinlochen definiert, oder wozu hätte man für die Tatbestände "unerlaubtes Ballwechseln" und "Nichtbeenden der Bahn" zwei eigenständige Unterpunkte im Strafenkatalog geschaffen?
Letztlich bleibt von den Kommentaren der vorgenannten Sportfreunde nicht viel mehr als: es muss so sein, weil ich es mir halt so denke, und wenn du nicht dasselbe denkst wie ich, dann verstehst du es halt nicht. Dabei ist diesen Sportfreunden nicht einmal der größte Vorwurf zu machen - den trifft eher den Verband als regelgebende Institution, weil er geglaubt hat, beim Entwerfen der Spielregeln auf justiziarische Hilfe verzichten zu können, und letztlich regeltechnischen Bullshit fabriziert hat. Bestes Beispiel: @ OPC das mit der Grenzlinie. Aus der so getroffenen Formulierung im Regelwerk ist zwingend abzuleiten, dass eine Grenzlinie nicht korrekt ist, wenn sie nicht rot ist. Das freilich hat der Regelgeber bestimmt nicht gewollt, aber leider ist es aufgrund der dilettantischen Formulierung so.
Geändert von Di.Stefano (23.11.2010 um 22:19 Uhr).
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